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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

F. Delius - "American Masterworks"
Aarhus Symphony Orchestra - Bo Holten, H. Bonde-Hansen (Sopran), J. Reuter (Bariton), S. Duus (Bariton)

(2013)
Danacord / Vertrieb: Klassik Center Kassel

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Frederick Delius - "American Masterworks"

Die Speerspitze der jüngeren Delius-Veröffentlichungsgeschichte - ein Muss!

von Rainer Aschemeier  •  1. Februar 2013
Katalog-Nr.: DACOCD 732 / EAN: 5709499732007

Von den meisten deutschen Klassikhörern relativ unbemerkt geblieben, ist im vergangenen Jahr in Großbritannien mit einigem Aufwand das „Delius-Jahr“ begangen worden (ich berichtete unter anderem hier und hier darüber).
Mehrere Werke dieses durchaus interessanten britischen Komponisten deutscher Abstammung, der sich musikalisch schon mit einer Art von musikalischem Impressionismus beschäftigte, als Claude Debussy in Frankreich wohl gerade erst begonnen hatte über eine solche Möglichkeit nachzudenken, waren seit den späten 1960er-Jahren nicht mehr eingespielt worden und lagen als dementsprechend in die Jahre gekommene Aufnahmen vor, denen man zum Teil attestieren musste, dass sie einfach nicht mehr zeitgemäß waren – denn auch unser Bild auf die Spätromantik hat sich im Lauf der letzten Jahrzehnte gewandelt.

Erstaunlicherweise hatte das „Delius-Fieber“ des letzten Jahres auch einige nicht britische Plattenfirmen erfasst. Und es ist kaum zu leugnen, dass der bei Weitem interessanteste Beitrag zum Delius-Jahr nicht aus Großbritannien kam, sondern aus Dänemark!
In der Form einer hervorragend und thematisch sehr schlüssig edierten, insgesamt 8 CDs umfassenden Delius-Edition hat das dänische Label sowohl einige der bekanntesten, als auch einige der unbekanntesten Delius-Werke zum Teil nach langen Jahren wieder oder gar erstmals auf Tonträger vorgelegt.
Mit der CD „American Masterworks“ hat man sich das Beste zum Schluss aufgehoben, nämlich eine extrem interessante Zusammenstellung von Stücken, die der junge Komponist während seiner Zeit als Plantagenverwalter in Florida schrieb.
Ähnlich wie Antonin Dvořák bediente sich auch Delius einiger Melodien, die er vor Ort in Amerika hörte, um sie in seine Kunstmusik einzubauen. Darunter befanden sich vor allem Lieder der Plantagenarbeiter, die mittelbar oder unmittelbar in die herrlich melodiösen Werke aus dieser – meiner Meinung nach reizvollsten – Episode aus Delius‘ musikalischem Leben einflossen.

Nun überrascht uns Danacord gerade mit der Auswahl der Stücke auf dieser CD und präsentiert uns nicht – wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre – die zurecht sehr beliebte und bekannte „Florida Suite“. Stattdessen gibt es das zu hören, was jeder Liebhaber der „Florida-Suite“ schon immer einmal hören wollte, nämlich Auszüge aus Delius‘ heute vergessener Oper „Koanga“. Aus dieser hatte sich Delius nämlich steinbruchartig bedient, als er die „Florida-Suite“ zusammensetzte. Endlich hat der geneigte Delius-Fan nun die Möglichkeit die Arien aus Koanga mit ihren musikalischen Geschwisterstücken aus der „Florida-Suite“ zu vergleichen!

Dazu gibt es die herrliche sinfonische Dichtung „Appalachia“, die hier in einer wirklich in allen Belangen (gerade auch in Belangen des Sologesangs) sehr sehr überzeugenden neuen Einspielung vorliegt und deswegen der erst vor wenigen Monaten erschienenen Neueinspielung des Stücks auf dem Naxos-Label (Rezension dazu siehe hier) weit überlegen ist. Auch „Sea Drift“, das ich ebenfalls im Herbst bei der dann erschienenen Naxos-Aufnahme bereits besprochen hatte, findet sich auf dieser Danacord-CD wieder – und zwar in einer ebenso phänomenalen Neuaufnahme, die keinen Vergleich zu scheuen braucht.

Besonders erfreulich sind aber die insgesamt vier Arien aus „Koanga“, die zeigen, dass dieses Stück britischer Opernhistorie sehr zu Unrecht einen Dornröschenschlaf führt.
Durch die Bank sehr ausdrucksstarke und einwandfrei ausführende Gesangssolisten, ein sehr durchdacht und ausgewogen ausbalanciertes Orchester, ein Chor, der mit allen dynamischen Raffinessen von Delius‘ Musik fertig wird und ein Dirigent, der Delius‘ Musik wirklich zu lieben scheint, sind Attribute, die man samt uns sonders auf diese vortreffliche CD-Produktion anwenden kann. Das Sinfonieorcherster aus dem dänischen Aarhus unter dem Dirigat des Komponisten und Dirigenten Bo Holten legt hier erneut eine veritable Glanzleistung vor, die zudem durch einen von HiFi-Legende Lennart Dehn (einst Haus- und Hof-Produzent von BIS records und seit den 1990er-Jahren zudem für die Deutsche Grammophon Gesellschaft tätig) ohne Fehl und Tadel angelegten Erste-Sahne-Klang abgerundet wird.

Fazit: Besser geht’s nicht! Wer sich für Delius interessiert, kommt an der fabelhaften Delius-Reihe auf Danacord nicht vorbei. Sie bildet die Speerspitze dessen, was in den letzten Jahren rund um das 150. Delius-Jubiläum international erschienen ist.

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