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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

A. Dvořák - "Silent Woods" - Musik für Cello und Klavier
C. Poltéra (Cello), K. Stott (Klavier)

(2012)
BIS

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Antonin Dvořák - Musik für Violoncello und Klavier

Werkschau jenseits des weltberühmten Cellokonzerts

von Rainer Aschemeier  •  3. Oktober 2012
Katalog-Nr.: BIS-1947 / EAN: 7318599919478

Im Frühjahr 2011 war – wie regelmäßigen Lesern unserer Seite vielleicht noch in Erinnerung ist – eine CD mit Originalstücken und Transkriptionen für Violoncello und Klavier aus dem Werk Robert Schumanns erschienen (Rezension dazu siehe hier).
Nun, im Herbst 2012, folgt eine ganz ähnliche CD-Veröffentlichung zum Œuvre Antonin Dvořáks.
Im Vergleich zu der im letzten Jahr beim Naxos-Label erschienenen Schumann-CD gibt es einige Unterschiede: Nicht nur ist die kürzlich beim schwedischen Audiophilen-Label BIS erschienene Dvořák-Retrospektive deutlich sinnvoller, weil Dvořák einfach mehr und bedeutendere Originalwerke für die Kombination Cello/Klavier verfasst hat. Nein, diese neue SACD aus dem Hause BIS ist auch qualitativ in jeder Hinsicht der letztjährigen Naxos-Scheibe überlegen.

Das beginnt schon bei den Stücken selbst: Es ist einfach sehr, sehr interessant Dvořák auf dem musikalischen Pfad nachzuspüren, den dieser um sein weltberühmtes Cellokonzert hinterlassen hat. Dvořák war bekanntlich zunächst kein begeisterter Cello-Liebhaber. Er hielt das Instrument gleichermaßen für (Zitat) „nasal“ und „grummelnd“. Erst das Spiel des mit ihm befreundeten Cellisten Alois Neruda vermochte ihn zu überzeugen, auch einmal etwas Konzertantes für das Violoncello zu versuchen. Dvořák schenkte der Welt daraufhin sein famoses Cellokonzert, das heutzutage wohl das berühmteste Cellokonzert überhaupt sein dürfte und alljährlich immer und immer wieder in neuen und wiederaufgelegten CD-Einspielungen auf den Markt kommt.

Wie erfrischend ist es da, nun auch nachhören zu können, wie sich der tschechische Romantiker im Bereich der Kammermusik dem Cello als Soloinstrument annäherte. Da erklingt beispielsweise die 1879 für den erwähnten Cellisten Neruda komponierte Polonaise A-Dur, die erst nach Dvořáks Tod als op. posth. veröffentlicht wurde – obgleich sie anno 1879 mit einigem Erfolg uraufgeführt worden war.
Da das Stück zu Lebzeiten Dvořáks unveröffentlicht blieb, entlehnte ihm dieser musikalische Motive für sein später verfasstes Streichquartett C-Dur op. 61.

Insgesamt enthält die CD acht Originalkompositionen beziehungsweise Transkriptionen für die zu hörende Besetzung aus Dvořáks eigener Hand, während es sich der auf dieser CD in Erscheinung tretende Cellist Christian Poltéra zugetraut hat, auch vier eigene Transkriptionen von populären Dvořák-Stücken zu ergänzen, die ihm geeignet für das Vorhaben erschienen.
Die Mischung ist gelungen, leidet aber – wie viele Sammlungen dieser Art – an der Tatsache, dass sich hier „leichte“ und „ernste“ Stücke immer wieder begegnen, sodass die Zusammenstellung musikalisch eine etwas wilde Mixtur ergibt. Diese Vorgehensweise ist allerdings zu rechtfertigen, denn allein vom Repertoirewert her ist diese Gesamtschau für jeden Dvořák-Anhänger sicher eine Freude. Füllt sie doch so manche Lücke – und dies zudem mit hervorragend klingenden, sehr kultiviert interpretierten Darbietungen.

Christian Poltéra ist ein sehr expressiver Cellist, der den durchwegs romantischen Charakter der Musik bestens bedient. Kathryn Stott dürfte Klassikinteressierten eh ein Begriff sein – gehört sie doch seit Langem zu den arrivierten Pianistinnen auf dem internationalen Parkett und ist zudem schon seit den frühen 1990er-Jahren auf vielen, oft genug sehr guten CD-Einspielungen vieler Labels zu hören gewesen.
In Sachen Klang genügt der Hinweis auf den stets erstklassigen BIS-Sound, und auch bei dieser CD gibt sich das schwedische HiFi-Label keine Blöße.

Fazit: Eine SACD, die sicher vor allem für Dvořák-Sammler von Interesse ist, aber auch viel Interessantes für solche Leute beinhaltet, die einfach gern Kammermusik der Romantik hören. Größter Kritikpunkt ist die Unausgewogenheit der Zusammenstellung musikalischen Materials verschiedenster Zeit und verschiedensten Charakters. Das war allerdings – das Ziel bedenkend, hier eine Gesamtschau von Dvořáks Kammermusik für Cello und Klavier bieten zu wollen – nun einmal nicht anders umsetzbar. In diesem Punkt: Absolution!
In allen anderen Punkten: Kaufempfehlung!

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