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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

H. Dutilleux - Kammermusik für Bläser
A. Oliva (Flöte), F. di Rosa (Oboe), F. Bossone (Fagott), A. Makita (Klavier)

(2014)
Brilliant Classics / Vertrieb: edel:kultur

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Henri Dutilleux - Kammermusik für Bläser und Klavier

Blendende Referenzaufnahmen unter dem "Segen" des Komponisten

von Rainer Aschemeier  •  28. Februar 2014
Katalog-Nr.: 94738 / EAN: 5028421947389

Im Mai 2013 verstarb im sagenhaften Alter von 97 Jahren der französische Komponist Henri Dutilleux. Immer wieder wurde Dutilleux als der „größte lebende Komponist“ bezeichnet, etwa vom Magazin DER SPIEGEL noch in den 2000er-Jahren. Das war natürlich schon immer Blödsinn, weil man dann ja Zeitgenossen wie Elliott Carter, Anders Eliasson und noch einige andere mehr außen vor lassen würde, die mindestens ebenso viel zur Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts beigetragen haben wie Dutilleux.

Dennoch muss man den Dutilleux-Jüngern auch Recht geben, denn niemand anderes verkörperte so in Personalunion die Fortführung der großen französischen Musiktradition wie Henri Dutilleux. Tief geerdet im französischen Impressionismus verblieb Dutilleux bis zum Ende ein weitgehend tonaler Komponist, der avantgardistische Strömungen stets mied, seine Werke mit äußerstem Perfektionismus zum Teil über Jahre ausarbeitete und doch eine ureigene Musiksprache entwickelte, die das Kunststück fertigbrachte, konservative Spätromantiker und hitzköpfige Neuerer stets miteinander versöhnen zu können.

Beim Label Brilliant Classics sind nun ausgezeichnete Einspielungen von Dutilleux‘ Kammermusik für Bläser und Klavier erschienen, die zeigen, dass auch im 21. Jahrhundert noch veritable Referenzaufnahmen möglich sind.

Die „Sarabande et cortège“ (1942) für Fagott und Klavier, die Sonatina für Flöte und Klavier (1943), Die Sonate für Oboe und Klavier (1947) sowie die Klaviersonate (1946-48) werden hier von Solisten des wohl renommiertesten Sinfonieorchesters Italiens gespielt, dem Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia.

Andrea Oliva, seines Zeichens einer der derzeit weltweit in Fachkreisen hoch gerühmtesten Flötisten, Francesco di Rosa (Oboe), Francesco Bossone (Fagott) und Akanè Makita (Klavier) zünden hier ein Feuerwerk Dutilleux’scher Musikkunst, dass es eine ungeheure Freude ist. Technisch absolut makellos und wunderbar beseelt und musikalisch entstanden hier zeitlos empfehlenswerte Aufnahmen einiger der wichtigsten Kammermusikwerke Henri Dutilleuxs und damit auch einiger der wichtigsten Kammermusikwerke der europäischen Musikgeschichte.

Ich bin wirklich begeistert, mit welcher Hingabe und mit welchem Elan hier musiziert wird. Im Booklet ist übrigens ein Brief des damals 96-jährigen Komponisten abgedruckt, den er an die Musiker dieser Interpretation richtete und ihnen bei den Aufnahmen gewissermaßen eine „glückliche Hand“ wünschte. Womöglich mag diese persönliche Zuwendung eines so namhaften Komponisten eine zusätzliche Motivation gewesen sein. Jedenfalls sind diese Aufnahmen herausragend geworden und sollten die derzeitige Referenz für dieses Repertoire markieren, zumal auch der Aufnahmeklang zu gefallen weiß. Da kann man vielleicht auch den billigen Look der Covergrafik verschmerzen, die in meinen Augen nicht weniger als eine unangemessene optische Abwertung eines akustischen Großereignisses darstellt.

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