Go to content Go to navigation Go to search

The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

G. Enescu - Klaviertrio, Klavierquintett, Aria & Scherzino
Schubert Ensemble

(2013)
chandos

• • • • •

George Enescu - Klaviertrio, Klavierquintett, Aria & Scherzino

Enescus Klaviertrio in einer aufsehenerregenden neuen Aufführungsfassung

von Rainer Aschemeier  •  19. September 2013
Katalog-Nr.: CHAN 10790 / EAN: 095115179024

George Enescu! Bei kaum einem anderen Komponisten kann man einen derartig starken Unterschied zwischen Früh- und Spätwerk hören, wie bei diesem moldau-rumänischen Komponisten. Zeit seines Lebens war er vor allem bekannt als der europaweit bekannteste Violinvirtuose, der zu seinen Lebzeiten schon ausgedehnte Tourneen unternahm und mit viel „Starrummel“ leben musste… oder leben durfte.

Für Enescu war es jedenfalls ein Wechselbad der Gefühle: Seine Virtuosenkarriere sicherte ihm ein bemerkenswertes Einkommen und finanzielle Unabhängigkeit. Auch kann ein so begnadeter Violinist, wie er es war, nur ein großer Musikliebhaber und Interpret mit Leib und Seele gewesen sein. Doch für seine Komponistenlaufbahn war die ganze Solistenlaufbahn eher hinderlich. Es fehlte schlicht die Zeit.

Schon zu Lebzeiten beklagte sich Enescu, dass die Zeit oft nicht ausreiche, um Stücke, die er im Kopf schon fertig komponiert hatte, auch aufzuschreiben.

So einen Fall ist auf dieser neuen chandos-CD das renommierte britische Schubert Ensemble nachgegangen. Sie nahmen die Aufführungspartitur von Enescus Klaviertrio einmal ganz genau unter die Lupe. Das Stück, das Enescu – wie er selbst sagte – eilig hingekritzelt hatte, scheint im Manuskript am Rande der Unleserlichkeit zu existieren. Nach Enescus Tod hatte sich ein anderer Komponist dem Manuskript angenommen und aus ihm eine Partitur für den Druck erstellt. Dabei scheint er sich viele Freiheiten genommen zu haben.

Das Schubert Ensemble wurde jedenfalls stutzig und griff lieber auf die Originalhandschrift zurück, die sie mit technischen Rafinessen (computergestützte Auswertung, u.a. unter Berücksichtigung der einzelnen Entstehungsphasen des Werks durch Erkennung unterschiedlicher Tinte auf dem Notenpapier) genauestens unter die Lupe nahm. Dabei ist eine grundlegend andere Fassung herausgekommen, als jene, die wir von anderen Einspielungen bislang kannten. Die Fassung des Schubert Ensembles ist nicht nur sieben Minuten (!) kürzer (!), als die bisher als verbindlich gegoltene Version, sondern auch inhaltlich oft anders. Ein Abenteuer, das man unbedingt gehört haben sollte!

Mein Favorit auf dem Album ist jedoch das Klavierquintett, das zu Enescus grandiosem, abgeklärten Spätwerk zählt. Hier bekommt man Enescu at his best zu hören. Das Stück weist schon auf die geniale Kammersinfonie voraus, die ein paar Jahre später erst entstehen sollte.

Fazit: Ein absolutes Muss für Enescu-Fans und für jeden anderen eine sehr lohnende, weil makellos interpretierte und sehr gut klingende CD mit spätromantischer Kammermusik des fin de siècle.

Stöbern

Verwandte / ähnliche Artikel:

Archiv

Alle Reviews können im Archiv nachgeschlagen werden. Dort ist auch eine gezielte Suche möglich.