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The Listener

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J. Brahms - Sinfonie Nr. 3 / W. A. Mozart - Sinfonia Concertante KV 364
Philharmonisches Orchester der Hansestadt Lübeck - R. Brogli-Sacher; N. &. M. Seiler (Violine & Viola)

(2013)
musicaphon / Vertrieb: Klassik-Center Kassel

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Johannes Brahms - Sinfonie Nr. 3 / Wolfgang Amadeus Mozart - Sinfonia Concertante KV 364

Dritter Teil des Lübecker Brahms-Zyklus

von Rainer Aschemeier  •  8. Juli 2013

Und weiter geht es in schneller Folge beim Lübecker Brahms-Zyklus. Die bislang sehr positiven Erträge innerhalb der Reihe, nämlich den ersten Teil und den zweiten Teil hatte ich bereits besprochen. Bislang gab es überhaupt keinen Grund zur Klage, ganz im Gegenteil! Der Brahms-Sinfonienzyklus unter der Leitung von Roman Brogli-Sacher ist bislang qualitativ sehr solide ausgefallen. Und das bleibt er in den wesentlichen Punkten auch im dritten Teil, der hier zur Debatte steht.
Allerdings zeigt diese SACD innerhalb der Reihe erstmals auch Schwächen. Sie liegen vor allem im monumentalen ersten Satz der hier zu hörenden dritten Brahms-Sinfonie, als auch in der (wie in der Reihe üblichen) „Zugabe“ – in diesem Fall der „Sinfonia concertante“ KV 364 von Mozart.

Den Satzbeginn der Dritten von Brahms – mit Fug und Recht kann man wohl sagen: die berühmteste und beliebteste Brahms-Sinfonie – spielen die Lübecker in dieser Liveaufnahme ein wenig wackelig, es fransen sogar die Streicher etwas. Bislang war man das von diesem sonst so überzeugenden Orchester nicht gewohnt. Doch die kleinen „Wackler“ setzen sich zum Glück nicht weiter fort. Die Lübecker unter Brogli-Sacher finden schnell wieder in ihre wie üblich hoch stehende Ensembleform.

Insgesamt ist festzustellen, dass Brogli-Sacher den tendenziell dunkel gefärbten Streicherklang, den er für die Erste und die Zweite angelegt hatte, in seiner Interpretation der Dritten etwas aufhellt. Bei dem berühmten dritten Satz (der als Filmmusik zur Literaturverfilmung „Lieben Sie Brahms?“ auch abseits der Konzertsäle weltweite Begeisterungsstürme entfachte) scheint Brogli-Sacher sehr darauf bedacht, die Contenance zu wahren. Die Interpretation will auf gar keinen Fall in einen Topf geworfen werden mit jenen Einspielungen, die den gewissen „Kitsch-Faktor“ haben – worüber eingeschworene „Brahminen“ ganz berechtigterweise die Nase rümpfen.

Dieses Bemühen um Nüchternheit merkt man der vorliegenden Interpretation allerdings an, was im Endeffekt zu einem unruhigeren und konstruierteren Eindruck führt, als wir ihn aus den sehr guten und durchdachten bisherigen ersten beiden Sinfonien des Lübecker Brahms-Zyklus mitnehmen konnten. Das ist einerseits schade, andererseits ist die Einspielung dadurch auch ganz und gar nicht pathetisch – was viele Brahms-Anhänger freuen dürfte, vor allem diejenigen, die in Brahms vor allem den fortschrittlichen Komponisten und erst in zweiter Linie den Romantiker sehen.

Die „Bonuszugabe“ in Form von Mozarts „Sinfonia Concertante“ wirkt noch etwas bemühter. Hier verordnet Brogli-Sacher seinen Lübeckern eine historisch informierte Aufführungspraxis, was sich vor allem in einer über Strecken mehr oder weniger virbratolosen Spielweise der Streicher äußert. Die Tempi wirken sehr langsam – obwohl sie es (das zeigt der Vergleich mit anderen Einspielungen) überhaupt nicht sind. Insgesamt hängt ein etwas träger Eindruck über der Einspielung. Dieser Eindruck wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass wir hier mit Mayumi und Naomi Seiler (bekannt aus dem „Seiler Quartett“) ein Solistinnenduo haben, das den Dynamikspielraum dieses wundervollen Mozart-Stücks nicht voll auszuschöpfen scheint.
Doch auch in diesem Fall gibt es Schatten und Licht. Der elegische zweite Satz etwa gerät sogar zum Höhepunkt der gesamten CD, mit dem Duo Seiler in einer faszinierenden, ja, fast möchte man sagen kammermusikalischen Glanzleistung: Dieses Duo ist auf gemeinsames Zusammenspiel gepolt. Womöglich rühren aber gerade auch daher die kleinen Probleme mit dem Orchester.

Fazit: Der dritte Teil des Lübecker Brahms-Zyklus zeigt bislang als erster mehr oder weniger auffällige Schwächen. Man sollte immer im Hinterkopf behalten, dass es hier um Livedarbietungen geht, die eben nicht so steril und perfekt sind, wie Studioeinspielungen. Man darf aber auch die hervorragenden Teile 1 und 2 des bislang veröffentlichten Zyklus nicht vergessen, die einfach besser waren, als das, was wir hier hören.

Bald folgt der vierte Teil und damit der Abschluss des Brahms-Zyklus aus Lübeck. Erst dann werden wir ein Gesamtfazit ziehen können…

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