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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Toccata und Fuge
Leopold Stokowski and his Symphony Orchestra

(2011/1958)
EMI classics

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Leopold Stokowski — Bach-Transkriptionen

Mit Pauken und Trompeten...

von Rainer Aschemeier  •  19. August 2011

Zum etwa einemillionstenmal wiederveröffentlicht wurde jüngst die Einspielung der Bach-Transkriptionen des Dirigenten und Komponisten Leopold Stokowski aus den späten 1950er-Jahren — ...und das völlig zu recht!
Nach wie vor gibt es keine besseren Interpretationen dieser zwar vollkommen durchromantisierten aber höchst charmanten, üppig orchestrierten Annäherung an die Musik Johann Sebastian Bachs (obwohl sowohl bei Chandos als auch bei Naxos in den letzten Jahren recht ordentliche Versuche dieser Art gestartet wurden). Jeder, der heute ähnlich wie Stokowski Bachs Musik derart auf das tief romantische Sinfonieorchester adaptieren würde (und das auch noch durch alle Gattungen, von Kantate bis Konzert), hätte vermutlich sein eigenes Karriereende besiegelt. Bach gilt ja heute als heilig und unantastbar. In den Füngzigerjahren hat man das offenbar noch nicht so eng gesehen — zumal im „Himmel-voller-Geigen“-verwöhnten Amerika des großen Kino-Booms.
Man muss das ja mal historisch einordnen: Stokowskis opulente Bach-Übertragungen, die auch schon mal einen Hang zum gepflegten aber geschmackssicheren Kitsch haben, entstanden zu einer Zeit, in der im Kino Filme wie „Ben Hur“ liefen, monumentale Epen also, und in der Musik wie zum Beispiel Leonard Bernsteins „West Side Story“ entstand. Sinfoniker wie Ralph Vaughan Williams waren gerade eben verstorben, aber ihr Werk galt als höchst lebendig und erklang in den Konzertsälen der Welt.

In dieser Sphäre also schrieb Stokowski, der Klangmagier, der von jeher einen Hang zum Monumentalen hatte, seine Transkriptionen von Musik Johann Sebastian Bachs und ließ sie (buchstäblich) unter Anwendung von Pauken und Trompeten (besser noch Tuben und Posaunen) wieder auferstehen. Unterstützt wurde Stokowski dabei von seinem eigenen Sinfonieorchester und von den besten Toningenieuren der damaligen Zeit, die das ganze Projekt so ausrichteten, das alles, aber auch wirklich alles auf den Maestro maßgeschneidert wurde.

Das Ergebnis beeindruckt noch heute, vor allem wegen des nach wie vor sensationellen Aufnahmeklangs. Zwar finden sich auf diesem Re-Release nach wie vor die nun schon etwas älteren Remaster-Wiedergaben von 1997, jedoch ist diese Ausgabe nach wie vor so spektakulär, dass man sich unweigerlich fragt, was um alles in der Welt in den letzten fünfzig Jahren eigentlich falsch gelaufen ist, denn so herzzerreißend grandios klingende Tonträger bekommen wir selbst heute nur in den allerseltensten Fällen mal zu hören. Wie kann es sein, dass diese Aufnahmen von 1958 viel viel besser klingen als die meisten Klassik-Alben aus dem Jahr 2011?

Es lohnt sich, über diese Frage nachzugrübeln, denn die Antwort darauf hat viel mit Zeit, Geld und echter Leidenschaft für Musik zu tun.

Bis dahin seien diese Einspielungen jedermann mit einer guten Hifi-Anlage und genug Toleranz für Bach im Stokowski-Gewand wärmstens ans Herz gelegt. Ein Muss für Hifi-Fans!

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