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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Road To Joy: BRIGHT EYES' furiose Flucht aus dem Jugendzimmer

26. März 2007, Columbia Club (Berlin)

von Frank Castenholz  •  27. März 2007

Das für den Bright Eyes-Konzertdebütanten Erstaunlichste vorweg: der Auftritt im ausverkauften Columbia Club bereitete ganz einfach und unangestrengt einen Riesenspaß – zu hören waren keine introvertierten, mitleidheischenden Selbstzerfleischungen eines Postpubertierenden, sondern fast durchgehend druckvolle, gleichwohl luftige, gradlinig nach vorne gehende Band-Arrangements, oft im Stil der aktuellen Auskoppelung „Four Winds“, immer eine Prise beschwingten Country im Rücken, aber auch oft schön hart auf den Punkt gerockt. Jawohl, es war geradezu uplifting. Sogar „First Day Of My Life“ kam in einer sehr flotten, abgezockten und zugleich energiegeladenen Version daher – Conor Oberst mit Akustikgitarre im Anschlag wie einst Johnny Cash -, die eher nach Schlussstrich oder Abrechnung klang als nach herzzerreißendem bedroom weeper und dennoch die überwältigende Aura des Originals nicht korrumpierte.

Mike Mogis sorgte durchgehend für brillante Akzente an Slide oder Steel. Oberst selbst war trotz Gesichtsblässe eines Nachtaktiven offensichtlich für seine Verhältnisse bestens aufgelegt, trank ausschließlich Mineralwasser, war nahezu gesprächig und auf eine selbstverständliche Weise ausgelassen, dennoch konzentriert und aufgeräumt. Ebenso wie sein Gesang – kontrolliert und austariert, weitaus weniger fragil, polarisierend und nackt als oft auf Platte. Zwar bedauerlich, dass er „Lover I Don’t Have To Love“ und insbesondere „Lua“ nicht spielte, aber sie fehlten nicht so arg, weil es an diesem Abend wohl einfach nicht zur frisch durch gelüfteten Grundstimmung gepasst hätte. Dafür gab es allein (mindestens?) drei Songs von der aktuellen EP, neben dem Titeltrack auch noch „Cartoon Blues“ und „Tourist Trap“.

Zum Ende, nachdem er den äußerst schüchternen (und nicht gerade überwältigenden) Support Act (Name vergessen) nochmal auf die Bühne geholt und durch ein in einen Song eingebauten Dialog ganz schön ins Schwitzen gebracht hatte, kletterte Conor schließlich adrenalingeladen aufs Schlagzeug, das von der überraschten Dame an den Drums weiterhin nach Möglichkeit bespielt und von den irritierten Roadies notdürftig zusanmen gehalten wurde. Und das hatte erstaunlicherweise überhaupt nichts von pflichtschuldigem Rock’n’Roll-Klischee (wie etwa bei You Will Know Us By The Trail Of Dead-Shows), sondern war ein absolut schlüssiger, und gar nicht mal destruktiver, sondern unschuldig ausgelassener Schlusspunkt des Konzerts. Anderthalb Stunden beste kurzweilige Unterhaltung (abzüglich des leider vollkommen missratenen,weil vom Support Act bis zur Verstümmelung versungenen Jimmie Rodgers-Covers „California Blues“, aber selbst das war als Geste okay). Ja, man darf sich auf das Album „Cassadaga“ freuen!

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