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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

H. Berlioz - "Harold in Italien" / K. Roger: Bratschensonate / F. Liszt: Romance oubliée
Philip Dukes (Bratsche) & Piers Lane (Klavier)

(2013)
Naxos

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Hector Berlioz - "Harold in Italien" / Kurt Roger: Bratschensonate / Franz Liszt: Romance oubliée

Berlioz in Liszt'scher Transkription

von Rainer Aschemeier  •  14. Juli 2013
Katalog-Nr.: 8.573011 / EAN: 747313301171

Wer den Namen Hector Berlioz in den Mund nimmt, verknüpft ihn in den meisten Fällen mit dem Titel seines wahrscheinlich bekanntesten Werks, nämlich der „Symphonie Fantastique“. Weit weniger bekannt – leider! – ist das sinfonische Nachfolgewerk, die ebenfalls programmatisch angelegte Sinfonie „Harold in Italien“.

Berlioz orientierte sich bei dieser Sinfonie mit obligatem Bratschenpart zum einen an Byron’s seinerzeit sehr modischem Buch gleichen Titels, zum anderen an seiner eigenen Biografie.
Das Werk, das der Komponist eigentlich für Niccolo Paganini geschrieben hatte, der es in der Folge aber brüsk ablehnte, ist eine bis heute merkwürdige Abart der „Sinfonia Concertante“, in der Berlioz die von ihm entwickelte Technik der „Idee fixe“ auf die Spitze treibt. Das „Harold-Thema“ zieht sich durch alle Sätze wie ein roter Faden, und das in einem solchen Ausmaß, dass man dieses Werk kaum genussfähig nennen wird, wenn einem dieses schlichte und lyrische Hauptthema nicht behagt.

Ich persönlich halte „Harold in Italien“ im direkten Vergleich mit der „Symphonie Fantastique“ für das ungleich ausgewogenere und auch ausgereiftere Werk, während ihm das Spektakelhafte der „Fantastique“ allerdings völlig abgeht. Aber auch dieser Umstand spricht nicht unbedingt gegen Berlioz‘ „Harold“, sondern eher für ihn.

Mir war nicht bekannt, dass Franz Liszt als Teil seiner vielen vielen Klaviertranskriptionen von großen Orchesterwerken auch Berlioz‘ „Harold“-Sinfonie transkribiert hat. Nun stupst uns alle das Naxos-Label mit der Nase darauf. Die vorliegende Einspielung der Liszt-Transkription von „Harold in Italien“ für Viola und Klavier atmet ganz das Liszt’sche Ideal von der „sinfonisch“ angelegten Behandlung des Klaviers, mit entsprechenden Schwierigkeitsgraden für den Pianisten und mit entsprechendem Effekt im Zusammenklang mit der Bratsche.
Die Transkription ist wirklich toll, und wie immer in solchen Fällen ist das Ergebnis bestens dazu geeignet, um sich auch der Orchesterfassung wieder unter neuen Vorzeichen zu nähern.

Ergänzt wird das Hauptwerk auf dieser CD durch Liszt’s kurze aber hübsche „Romance oubliée“ sowie durch die Bratschensonate Op. 37 des zwischen Spätromantik und Expressionismus stehenden Kurt Roger, für den das Naxos-Label eine besondere Schwäche zu haben scheint, denn es stellt diesen im Prinzip vollkommen unbekannten Komponisten immer wieder ins Rampenlicht neuer CD-Veröffentlichungen.

Um es kurz zu machen: Das Programm der CD ist durchweg gut und interessant. Auch die Interpretation ist nicht schlecht, jedoch hapert es an mancher Stelle. Die Phrasierungsleistung des Pianisten Piers Lane ist durchaus schwankend und nicht immer überzeugend. Technisch zwar voll auf der Höhe mangelt es mir persönlich bei ihm zudem an dem emotionalen Zugriff auf die vorgetragene Musik. Ähnliches gilt für Philip Dukes, den Bratschisten der Einspielung. Hier hat schon einerseits alles Hand und Fuß, aber andererseits kann man auch keine Anflüge von Großartigkeit erkennen.

Diese Aufnahme ist daher nicht mehr aber auch nicht weniger als eine solide Einspielung, die man zwar nicht vorbehaltlos, aber im Endeffekt durchaus empfehlen kann, wenn man sich mit der vorgestellten Musik auseinandersetzen möchte. Eine Referenzeinspielung für die Ewigkeit wird hier aber nicht geboten. Der Sound ist von Ex-DECCA-Tonmeister Michael Ponder angelegt worden, der heute für viele der namhaften Labels arbeitet. Sein stets sehr räumliches Klangbild ist qualitativ gut, aber auch Geschmackssache. Michael Ponder-Aufnahmen klingen so individuell, wie wenige andere. Ich erkenne sie „fünf Meter gegen den Wind“. Wer sich mit dem typischen, tendenziell klaren bis harten und immer gerade eben so am „zu viel“ entlang balancierenden Hallraum des Michael Ponder anfreunden kann, erhält hier eine Aufnahme, die auch klanglich solide überzeugt.

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