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The Listener

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H. Dutilleux - "Correspon-dances", "Tout un monde lointain...", "The Shadows of Time"
Orchestre Philharmonique de Radio France - E.-P. Salonen; B. Hannigan (Sopran), Anssi Kartunen (Cello)

(2013)
Deutsche Grammophon / Vertrieb: Universal

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Henri Dutilleux - "Correspondances", "Tout un monde lointain...", "The Shadows of Time"

Fantastische neue Deutsche Grammophon-CD

von Rainer Aschemeier  •  17. März 2013
Katalog-Nr.: B0017944-02 / EAN: 028947911807

Im Gegensatz zu geschätzt 99 Prozent der schreibenden Kollegen bin ich nicht gerade ein Fan des auch komponierenden Dirigenten Esa-Pekka Salonen. Die oft zu hörende Meinung, Salonens Einspielungen Neuer Musik oder auch der Klassiker der Moderne, wie etwa Strawinsky, Schostakowitsch, usw., besäßen quasi durch die Bank Referenzcharakter, kann ich (jedenfalls zum größten Teil) gar nicht nachvollziehen. Dafür fehlt es seinen Interpretationen zu häufig an einer ausgetüftelten dynamischen und inhaltlichen Ausdifferenzierung. Häufig münden seine Interpretationen insbesondere dicht gesetzter Partituren in eine breiige Konsistenz, was allerdings auch daran liegen mag, dass ihm nicht immer die besten Orchester zur Verfügung stehen.

Nun aber ist bei Deutsche Grammophon eine schlicht sensationell gute Salonen-CD erschienen. Auf ihr erklingen die Stücke „Correspondances“ für Orchester und Sopran, das Cellokonzert „Tout un monde lointain…“ sowie das meiner Meinung nach beste Stück auf dieser neuen CD, das „Mini-Oratorium“ „The Shadows of Time“ – allesamt aus der Feder des genialen Komponisten Henri Dutilleux, der auch Salonens Kompositionslehrer war.

Henri Dutilleux zählt bereits seit Jahrzehnten zu den am höchsten dekorierten Komponisten der Musikmoderne, und es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass er auch zu den wichtigsten Musikschöpfern des 20. und 21. Jahrhunderts gezählt werden muss. Ähnlich wie einst Edgard Varèse hat auch Henri Dutilleux Zeit seines bald 100 Jahre währenden Lebens einen nur schmalen Werkkatalog erschaffen. Doch in diesem Œuvre findet sich nicht ein einziges Stück, das man auch nur ansatzweise als „schwächer“ titulieren könnte. Henri Dutilleux hat alles richtig gemacht indem er stets nur das vollendete, von dem er auch 110%ig überzeugt war.

Esa-Pekka Salonen stand bei dieser Aufnahme das glänzend disponierte Orchestre Philharmonique de Radio France zur Seite. Es erweist sich, dass die Kombination aus Orchester und Dirigent gar nicht besser hätte sein können: Salonen hat diese Stücke offenbar top vorbereitet, dirigiert die herrlichen Werke Dutilleuxs (der übrigens bei den Aufnahmen vor Ort selbst anwesend war) mit großem Gespür für die dynamische Feindifferenzierung, lupenreiner Phrasierung und mit dem nötigen Schuss Musik-Impressionismus. Die kanadische Solistin Barbara Hannigan mäandert mit zwar hörbar amerikanischem Akzent, ansonsten aber elfengleich durch „Correspondances“ und beweist, dass es sich bei dem Stück um eine der wertvollsten Liedzyklus-Kompositionen der letzten Jahre handelt.
Auch Cellist Anssi Kartunen erweist sich als perfekte Wahl für den Solopart des Cellokonzerts, das einst als Komposition für den großen Mstislaw Rostropovich entstand.
Die eigentlichen Stars dieser Aufnahme sind jedoch Basile Buffin, Alexandre Sevestrel und Armand Sztykgold – drei Knabensolisten eines Rundfunkchors von Radio France. Sie geben „Shadows of Time“ jene unwirkliche und kühle Klanglichkeit, die der Komponist für dieses Stück im Sinn hatte.

Tonmeister Cyril Bécue hat zudem für ein grandioses Klangbild gesorgt, das alles mit sich bringt, was eine Aufnahme HiFi-tauglich macht: Durchhörbarkeit bis zum letzten Bogenstrich, eine warme, natürliche Klangästhetik und ein in keine Richtung limitiertes Frequenzspektrum. Hier stimmt auch klanglich alles, sodass man dieser Aufnahme wahrlich zeitlose Referenzqualitäten zusprechen kann – auch im klanglichen Sektor.

Fazit: Rundum fantastisch! Ich bin hin und weg und kann mich wahrlich nicht erinnern, in den letzten fünf Jahren von Deutsche Grammophon eine bessere CD gehört zu haben. Diese CD werden wir ganz sicher auf der the-listener.de-Bestenliste am Jahresende wiederfinden.

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