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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

H. Villa-Lobos - Gitarrenkonzert, Fünf Präludien, Melodia Sentimental
Academy of St. Martin-in-the-Fields - J. M. Florêncio; K. Meisinger (Gitarre)

(2013)
fuga libera / Vertrieb: note 1

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Heitor Villa-Lobos - Gitarrenkonzert, Fünf Präludien, Melodia Sentimental

Eine der faszinierendsten CDs der letzten Jahre

von Rainer Aschemeier  •  18. Februar 2013

Hand auf’s Herz: Wann hatten Sie zum letzten Mal das Gefühl, einen wirklich individuellen, unvergleichlichen Künstler zu hören, wenn Sie sich auf die Suche nach neuen Talenten begeben haben? Und dies sei bitteschön so wörtlich genommen, dass mir hier niemand mit Formulierungen kommt wie „wenn man davon absieht, dass… dann…“. Also, heraus mit der Sprache: Wie lange ist es her? Eine Woche? Ein Jahr? Viele Jahre?

Erst wenn man einmal auf so ein wirkliches Ausnahmetalent stößt, fällt einem auf, wie selten ein solcher Fund tatsächlich stattfindet. Bei meiner akustischen Erstbegegnung mit dem polnischen Gitarristen Krzysztof Meisinger ist es mir so ergangen. Ich persönlich würde sagen, dass ich bestimmt seit einem Jahrzehnt nicht mehr eine so eigenständige und unwiderstehliche Musikerpersönlichkeit gehört habe. Sein Stil Gitarre zu spielen, ist einzigartig! Mit schier endlos erscheinenden dynamischen Möglichkeiten ausgestattet, vermag Meisinger in kürzester Zeit von einem sagenhaft weichen, ätherisch anmutenden Ton in brillanteste, energische Höhen zu wechseln – und nicht nur das: Ich möchte fast sagen, dass ich ewig nicht mehr einen so ausdifferenziert und überzeugend phrasierenden Konzertgitarristen gehört habe.

Nach dem Höreindruck der Kunst von Krzysztof Meisinger ist es, als würden sich ganz neue Hörwelten öffnen. Das mag allerdings auch daran liegen, dass wir hier einmal einen Gitarristen haben, der eben nicht aus der spanischen beziehungsweise lateinamerikanischen Schule stammt. Meisinger ist Pole. Vielleicht hat er deswegen so eine faszinierende, unverkrampfte Individualität?
Und ist nicht auch Manches in seinem Spiel unverkennbar von den großen Namen in der Welt der Rockgitarre beeinflusst? Erinnert nicht sein perlender, unaufgeregter und ausgiebig nachklingender Stil zuweilen auch frappant an Gitarristen wie David Gilmour, Snowy White oder Eric Clapton?
Was für eine faszinierende Mischung!
Da mag und muss man sich auch gar nicht lange mit der Frage aufhalten, ob es eigentlich „richtig“ ist, wenn hier einer die Musik, die man so gut zu kennen glaubte, ganz radikal anders als alle anderen, so revolutionär individuell und neu interpretiert: Es ist ja einfach so schön und unwiderstehlich, dass man gar nicht anders kann, als sich Meisingers Ton kompromisslos hinzugeben.

Mit den fünf Präludien für Gitarre solo von Heitor Villa-Lobos hat Meisinger auf dieser neuen CD des Labels Fuga Libera allerdings auch eine ideale Präsentierfläche für seine außergewöhnlichen solistischen Fähigkeiten. Was hier an Dynamik drinsteckt! Wow!
Beim folgenden Villa-Lobos’schen Gitarrenkonzert hat Meisinger in der Academy of St. Martin-in-the-Fields unter der Leitung von José Maria Florêncio musikalische Partner gefunden, die seine Spielkultur auf das Beste unterstützen und die offenbar ebenso ganz dem faszinierenden Meisinger-Klang sich anzupassen gewillt sind.

Diese CD ist etwas Besonderes und wird sicherlich im Dzember auf unserer Shortlist zur „CD des Jahres“ wieder auftauchen. Ich habe seit Ewigkeiten nicht mehr einen so faszinierenden und individuellen Solisten wie Krzysztof Meisinger gehört und hoffe, dass diesem Ausnahmegitarristen eine Weltkarriere beschieden sein wird, denn in seinem Spiel treffen sich Virtuosität, Individualität und Emotion!

Der Klang der Aufnahme wurde übrigens von dem von uns schon oft in höchsten Tönen gelobten Arne Akselberg auf Weltklasseniveau aufgezeichnet. Akselberg, der unter anderem auch für da capo und EMI tätig ist, gehört zu den besten Tonmeistern unserer Zeit – und das zeigt er hier auf’s Neue.

Fazit: Eine CD, wie sie besser nicht sein könnte – auch in Belangen des Aufnahmeklangs!

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