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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Viola d'amore solo
Valerio Losito

(2012)
Brilliant Classics

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Viola d'amore solo

Werke für Viola d'amore von Petzold, Colombi, Morigi, Lopes Nogueira und anonymen Komponisten

von Rainer Aschemeier  •  14. Dezember 2012
Katalog-Nr.: 94367 / EAN: 5028421943671

Kurz vor Toresschluss hält das Jahr 2012 noch einmal ein Highlight für uns bereit, das sich wahrlich gewaschen hat. Mit „Viola d’amore solo“ erschien im Dezember bei Brilliant Classics eine so wunderschöne neue CD-Produktion, dass ich aus dem Jubeln schier gar nicht mehr herauskommen möchte.

Der italienische Virtuose und Alte-Musik-Spezialist Valerio Losito ist normalerweise Violinist im Barockorchester der Europäischen Union (ja, so etwas gibt es!). Hier jedoch tritt er als Viola d’amore-Solist mit einem ausgesuchten und geradezu unwirklich schönen Soloprogramm auf.
Natürlich sind auf dieser CD auch die beiden bekannten Viola d’amore-Suiten des Barockmeisters Christian Petzold enthalten; sie gelten ja als so etwas wie das kleine Viola d’amore-Pendant zu Bachs Cello-Suiten.
Doch die eigentlichen Highlights bilden Kompositionen anonymer Meister, deren Name im Dunkel der Musikgeschichte nicht mehr festgestellt werden konnte.

Dabei hat Losito offenbar bewusst darauf geachtet, dass seine Auswahl solche Musikstücke betrifft, welche die instrumentalen Besonderheiten der Viola d’amore auch besonders schön zur Geltung kommen lassen.
Hierbei soll einmal kurz auf ebenjene Besonderheiten eingegangen werden: Die Viola d’amore ist im Prinzip eine Bratsche, jedoch mit sechs statt vier Spielsaiten und noch bis zu acht zusätzlichen Resonanzsaiten, die von der Schnecke am Kopf des Instruments hinter dem Griffbrett abwärts führen. Sie werden nicht vom Bogen gestrichen, sondern sie klingen lediglich resonierend, nämlich immer dann, wenn die Frequenz eines aktiv gespielten Tons auch die entsprechende Resonanzsaite zum Mitschwingen anregt.
Der dabei entstehende Effekt ist ein „metallischer“, leicht „knarzender“ Klang, der zuweilen dem einer Drehleier oder Nyckelharpa (= Schlüsselfidel) nicht unähnlich ist.
Das Instrument klingt also sehr viel „körperreicher“ als eine „normale“ Bratsche, was die Zeitgenossen im Barock zu der Umschreibung „Viola d’amore“ veranlasste, weil man den voluminösen Klang des Instruments als besonders „lieblich“ empfand.

Valerio Losito weiß um die klanglichen Möglichkeiten seiner Ferdinando Gagliano-Viola d’amore aus dem 18. Jahrhundert und reizt sie auf dieser CD voll aus. Dabei muss man sich gar nicht fragen, ob er dabei vielleicht hier und da mal etwas zu weit geht, wenn er den Klang seines Instruments bewusst in besonders effektvolle Bereiche zu lenken versteht. Man muss sich auch gar nicht fragen, ob der bewusst üppig gewählte Raumhall, den Tonmeister Canio Giuseppe Famularo dem Solisten hier „auf den Leib“ zaubert, tatsächlich einen realistischen Klangeindruck wiedergibt oder ebenfalls vor allem der besonderen Betonung eines bestimmten Klangeffekts dient.

Man muss eigentlich nur eines: Sich fallen lassen! Wow! Was für eine w u n d e r s c h ön e CD! Was für eine w u n d e r s c h ö n e Klangarchitektur kommt hier zum Tragen!
Sollen trockene Akademiker doch anderswo ihre Viola d’amore-Tondokumente herholen. Ich für meinen Teil finde dieses hier absolut perfekt – und das in jeder Hinsicht: Der Solist ist erstklassig mit Extra-Sternchen, das Instrument ist irrwitzig klangschön, und der Sound ist ein HiFi-Genuss pur (aufgenommen mit aus natürlichen Gründen so üppigem Raumhall in einem Raum mit ovalem (!) Querschnitt in der Kirche eines Klosters nahe Rom, wie uns das Booklet aufklärt).

In jeglicher Hinsicht bekommt diese CD daher abschließend die the-listener.de-Höchstwertung und wird ebenfalls noch mit den Endspurt rund um die the-listener.de-CD des Jahres geworfen, die wir im Januar 2013 bekannt geben werden.

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