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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Die besondere CD: Ismo Eskelinen spielt Bach

Musikalisch, technisch perfekt, klanglich ein Genuss: Die bislang schönste Bach-CD des laufenden Jahres!

von Rainer Aschemeier  •  31. Mai 2013

Ismo Eskelinen ist einer der wichtigsten Konzertgitarristen Nordeuropas. Er spielte bereits auf der ganzen Welt in den prominentesten Konzertsälen (in Deutschland übrigens u. a. auch schon in der Berliner Philharmonie), doch da Gitarristen nun einmal selten zu Weltstarstatus gelangen – schon gar nicht, wenn sie aus Finnland kommen – ist Eskelinens Reputation bei uns in Deutschland noch nicht auf dem Status, wo sie eigentlich sein sollte.

Ismo Eskelinen zählt nach meinem Dafürhalten zusammen mit dem Polen Krzysztof Meisinger zu den spannendsten jungen Gitarristen, die wir derzeit haben. Sowohl Eskelinen als auch Meisinger haben ihre ganz persönliche Handschrift (zu Meisinger siehe hier), ihren ureigenen Stil. Und beide eint eine fast schon vergessen geglaubte Tugend, nämlich das uneingeschränkte Ja-Sagen zur Musikalität, die bei Eskelinen und Meisinger stets im Vordergrund steht.

Bei Eskelinen wird man keine seelenlose Fixierung auf technische Bravourstückchen finden. Er stellt die Musik in den Vordergrund und nimmt sich selbst in überraschend starker Form zurück. Gerade das macht seinen Stil so besonders: Bei ihm klingt alles irgendwie so, als käme es vom Komponisten selbst, so flüssig, natürlich, ganz logisch. So, wie Ismo Eskelinen spielt – so denkt man als Hörer unwillkürlich – klingt die Musik, die er interpretiert, einfach „richtig“ – und zwar „richtiger“ als bei anderen Interpreten. Eskelinen ist ein Meister der Phrasierung. Er weiß um die Wichtigkeiten des inneren Zusammenhalts von Musik.

Gerade dieser Punkt ist es, der ein ums andere Mal die Interpreten der Solosuiten und -Partiten Johann Sebastian Bachs ins Schwitzen bringt. Eskelinen brilliert hier ganz souverän. Neben der fantastischen Bach-CD von Nils Mönkemeyer, der Bachs Solosuiten für Cello in wunderbar musikalischer und fassbarer Weise auf der Bratsche interpretiert hat, ist Ismo Eskelinens neues Album beim finnischen Label „Alba“ in meinen Augen die bislang schönste Bach-CD des laufenden Jahres.

Faszinierend, wie leicht und zugänglich Bach bei Eskelinen klingt. Man merkt hier erst, wie viele knochentrockene Interpretationen uns in den letzten Jahrzehnten den Blick auf Bach vernebelt haben. Eskelinen scheint Bach nicht als „Übervater“ oder „Genie“ zu sehen, sondern als Quelle guter Musik, die er im positiven Sinne „locker“ zu interpretieren scheint. Bei Eskelinen wird Bach ganz sanglich. Flüssig kommen die Suiten BWV 1006a und BWV 995 aus den Boxen. „Christ lag in Todesbanden“ BWV 277 klingt als Gitarrentranskription überraschend gut. Und mit der Einspielung der Ciaconna aus der Partita BWV 1004 hat Eskelinen sogar nicht davor zurückgescheit, sich das Stück vorzunehmen, das nicht wenige als das „musikalische Weltwunder“ schlechthin betrachten.

Dabei ist Eskelinen ein technisch äußerst versierter Gitarrist. Es gibt auf diesem Album nicht eine einzige Stelle, die man als nicht gelungen bezeichnen könnte. Die Musik ist reich an technischen Schwierigkeiten, doch Eskelinen zeigt sich ihnen jederzeit gewachsen und spielt auch die schwierigsten Passagen ganz natürlich und fassbar.

Fazit: Dieses Album ist ein fantastisches Highlight im Veröffentlichungswust und kommt dick rot angestrichen auf unsere the-listener.de-Shortlist zur CD des Jahres. Dies übrigens nicht zuletzt auch deswegen, weil die Finnen von Alba wieder einmal auch in Sachen Sound keine Kompromisse gemacht haben. Diese SACD klingt in jeder Hinsicht hervorragend: Räumlich, natürlich, brillant. Keine Wünsche bleiben hier offen.

——— CD-Details:
„Bach“
Ismo Eskelinen
Alba / Vertrieb: Klassik Center Kassel
Katalog-Nr.: ABCD 354 / EAN: 6417513103540

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