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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

"Rock and Roll ends with my eyes"

Trauer um Ronnie James Dio - Ein Nachruf

von Rainer Aschemeier  •  18. Mai 2010

Die Nachricht traf uns unvorbereitet: Am 16. Mai um 7:45 Uhr Ortszeit ist Ronald James Padavona, besser bekannt als Ronnie James Dio im Alter von vermuteten 66 Jahren in einer Klinik in Houston/Texas gestorben. Im November 2009 wurde bei dem Sänger Magenkrebs im Frühstadium diagnostiziert. Nachdem diese Diagnose bekannt geworden war, wagte das DIO-Management Niji, vertreten durch seine Ex-Ehefrau Wendy Dio, den Schritt nach vorn und veröffentlichte in monatlichem Abstand eine Art „Stand der Dinge“ in Sachen Krebserkrankung. Das kam überraschend, denn bis dato waren aus dem Privatleben des Musikers nur selten Details bekannt geworden. Ronnie James Dio hatte stets versucht, Privatleben und Beruf strikt zu trennen. Und nun war plötzlich jeder, der es wissen wollte, per offizieller Website mitten drin im Klinikgeschehen, wusste, dass die Lage nach den ersten Chemotherapien angeblich gut und hoffnungsvoll aussah, wusste, dass der Tumor angeblich deutlich kleiner geworden sei, wusste, dass sich Familie Dio durch das Ärzteteam in Houston – selbst bekennende Dio-Fans – gut betreut fühlte. Man wusste aber auch, dass es während der Therapie Probleme gegeben hatte: Zum Jahreswechsel war die Rede von plötzlich aufgetretenen Embolien, die zwei Mal kurz nacheinander einen Notarzteinsatz notwendig gemacht hatten.
Im März 2010 wurden die regelmäßigen „Newsletter“ von Wendy Dio recht abrupt eingestellt. Seit etwa Ende März gab es gar keine Neuigkeiten mehr. Und nun haben wir traurige Gewissheit.

Mit Ronnie James Dio verlässt – es ist eigentlich überflüssig zu erwähnen – einer der ganz Großen die Rockbühne, einer, von dem die Wenigsten wissen, wie irrsinnig lange er als Musiker aktiv war. Ronnie James Dio begann seine Karriere mit Rockabilly-Bands wie „The Vegas Kings, „Ronnie and the Rumblers“, „Ronnie and the Red Caps“ und „Ronnie Dio and the Prophets“. Die erste 7“-Single mit Dios Beteiligung soll aus dem Jahr 1957 datieren. Viele wurden da ob des Blicks auf die autorisierte Biografie des Sängers stutzig, denn dort war 1948 als Geburtsjahr angegeben. Die erste Single im Alter von neun Jahren? Die Verwirrung lichtete sich erst im Zeitalter des Internets, als über dubiose Wege eine Kopie von Dios Heiratsurkunde über das Netz verbreitet wurde, und dort war als Geburtsjahr 1943 eingetragen. Im Juli dieses Jahres wäre der einflussreiche Musiker also wohl 67 Jahre alt geworden. Man mag zu diesen Daten stehen, wie man will. Ronnie James Dio selbst ist stets bei der Version 1948 geblieben, auch, als ich ihn im Jahr 2000 bei einem Interview direkt dazu befragt habe.

Im Dezember 1967 erschien der Sänger dann zum ersten Mal auf einer professionellen Schallplattenproduktion. M.G.M. records veröffentlichen die 7“-Single der von Ronnie James Dio und seinem Cousin David „The Rock“ Feinstein gegründeten Band „The Electric Elves“, aus denen zwei Jahre später „The Elves“ werden sollten und etwas später dann schließlich „Elf“. Ab hier beginnt übrigens auch die offizielle „Zeitrechnung“ des Ronnie James Dio, der sämtliches Material, das vor seiner „Elf“-Zeit aufgenommen wurde, mit einem Veröffentlichungsverbot belegte. Auf Bootlegs und schwarz gepressten Rockabilly-Samplern fand trotzdem das Meiste seinen Weg auch ins CD-Zeitalter. Mit „Elf“ machte Dio nun bereits richtig harte Rockmusik. Allerdings hatte die Band einen unleugbaren Blues- bzw. Southern Rock-Einschlag und hatte auch ihre Boogie-Wurzeln noch nicht ad acta gelegt. Doch der Rockaspekt der Fünfer-Besetzung (Dio sang nicht nur, er spielte bei „Elf“ auch Bass) wurde durch die Produktion betont, für die auf allen drei „Elf-Alben“ kein Geringerer als Deep Purple-Bassist Roger Glover verantwortlich war.
„Elf“ hatten somit von Beginn an bei einer der wichtigsten Rockgruppen der ausgehenden Sechziger und beginnenden Siebziger einen Stein im Brett. Auf der legendären Tournee, bei der auch das epochale Deep Purple-Live-Album „Made in Japan“ aufgezeichnet wurde, fungierte Dio mit „Elf“ als Support-Act. Als sich im purpurnen Lager die große Krise andeutete und Purple-Gitarrist Ritchie Blackmore langsam aber sicher seinen Ausstieg beim Hard-Rock-Flagschiff plante, nahm er sich für seine neue Band „Ritchie Blackmore’s Rainbow“ nicht nur Dio als Sänger mit ins Münchener „Musicland“-Studio, sondern gleich die komplette Band „Elf“. Da Ritchie Blackmore mitten während einer laufenden Tournee Deep-Purple verließ – bei der „Elf“ die Vorgruppe war – soll es zu folgender Anekdote gekommen sein: Angeblich habe Jon Lord, der Deep Purple-Keyboarder, kurz nach dem Abgang Blackmores Dio in seine Garderobe zitieren lassen. Als Ronnie eintrat, soll Lord ihn mit den Worten begrüßt haben: „Tu Dir und uns einen Gefallen: Spiel nicht in Ritchies neuer Band!“ Dio konnte nur antworten: „Zu spät!“ – das „Rainbow“-Debüt war bereits im Kasten: heimlich in München aufgenommen, während einer Tourneepause.

Die „Rainbow“-Phase dürfte die Ära sein, die bei den meisten Musikfans als die am stärksten positiv besetzte in der Karriere Ronnie James Dios gilt. Mit „Ritchie Blackmore’s Rainbow“, „Rainbow Rising“, dem Live-Album „On Stage“ sowie „Long Live Rock’n’Roll“ legte das Team Dio/Blackmore vier hochklassige Alben vor, die auch bei Gelegenheits-Rockern bis heute Kultstatus genießen. Während sich sowohl Fans als auch Fachpresse weitgehend einig darüber waren, dass „Rising“ das bei Weitem substanziellste der drei „Rainbow“-Studioalben war und wohl fraglos unter die zeitlose Top Ten der ewigen Hard-Rock-Bestenliste gehört, zog Ronnie James Dio selbst stets das „Rainbow“-Debütalbum dem viel gerühmten „Rising“ vor.
1979 kam es zum Bruch zwischen Blackmore und Dio. Blackmore wollte den amerikanischen Markt erobern, wollte Balladen und Lovesongs in den „Rainbow“-Sound aufnehmen und auf der aufkeimenden AOR-Schiene mitreiten, die mit Bands wie Foreigner und Journey ihre ersten Megabands ins Rennen schickte. Diesen Weg konnte Ronnie James Dio nicht mitgehen. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte er eigentlich vor, eine Solokarriere einzuschlagen. Doch es sollte anders kommen: Nach einem rätselhaften Gastauftritt auf dem Soloalbum „Seeds of Change“ des „Kansas“-Gitarristen Kerry Livgren, war die Fachwelt erstaunt, als „Black Sabbath“ 1980 Ronnie James Dio als Ersatz für ihren ausgestiegenen Frontmann Ozzy Osbourne ankündigten. Erstaunt konnte man wohl sein, und zwar aus zweierlei Gründen: Ozzy Osbourne und Ronnie James Dio waren gesangsstilistisch etwa so weit voneinander entfernt wie Nord- und Südpol. Viele Fans konnten sich nicht vorstellen, wie sich Dio in die von Osbournes eigenwilliger Stimme geprägte Musik der Metalband eingliedern sollte. Aus heutiger Sicht ist zudem erstaunlich, warum ein aufstrebender starker Sänger wie Dio sich ein zu der Zeit sinkendes Schiff für einen Neuanfang aussuchte. Denn nach Rohrkrepierer-Alben wie „Technical Ecstasy“ und „Never Say Die“ waren „Black Sabbath“ bei Fans und Presse schlicht und eindeutig „out“. Doch Dio brachte einen eigenen Stil ins Songwriting ein, der erstaunlich gut mit den Gitarrenriffs des Sabbath-Gitarristen Tony Iommi harmonierte. Es entstanden erneut drei Alben, die bis heute auf zahllosen ewigen Bestenlisten auftauchen: „Heaven and Hell“, „Mob Rules“ und das Livealbum „Live Evil“ (man beachte das Palindrom). Beim Endmix zum Live-Album kam es jedoch zum Streit, und als Teile der Band Dio verdächtigten, er habe seinen Gesang während heimlicher Mixing-Sessions in den Vordergrund gemischt, platzte dem so bezichtigten Sänger verständlicherweise der Kragen, und er verließ die Band.

Nur wenige Monate später hatte Ronnie James Dio eine neue Band beisammen, in der er seine bisherigen Stationen musikalisch weiterführte. Dies äußerte sich auch personell in Form des Ex-„Rainbow“-Bassisten Jimmy Bain sowie des Ex-„Black Sabbath“-Drummers Vinny Appice, die nun der Band angehörten, die sich nach ihrem Frontmann schlicht „Dio“ nannte. Was niemand erwartet hatte, geschah: Gleich das Dio-Debütalbum „Holy Diver“ wurde aus dem Stand ein Megaseller. Der Nachfolger „The Last in Line“ entpuppte sich als noch erfolgreicher. Zumindest diese beiden ersten Veröffentlichungen der Band „Dio“ gehören ebenfalls zu einem universellen Wertekanon des Heavy Metals. Und damit dürfte Ronnie James Dio ein einzigartiges Kunststück gelungen sein, denn er dürfte einer von extrem wenigen Musikern dieser Gattung sein, der mit nicht weniger als drei Bands absolut genreprägende Alben aufgenommen hat.
Doch das stabilste Gebäude stürzt ein, wenn das Fundament bröckelt. Und so, wie ab Ende der 1980er dem Heavy Metal zunehmend die Fans abhanden kamen, so sehr verschwanden die – musikalisch allerdings weiterhin sehr hörenswerten – „Dio“-Alben in der Bedeutungslosigkeit.

Anderen Veteranen der Szene erging es angesichts der in den frühen Neunzigern aufkeimenden Grunge-Welle kaum anders, und so versuchten es 1992 Ronnie James Dio und „Black Sabbath“ noch einmal mit einer Wiederbelebung des „Mob Rules“-Line Ups. Es resultierten daraus ein gutklassiges, jedoch keineswegs hervorragendes, Album („Dehumanizer“) und erneut jede Menge Ärger, der im sogenannten „Costa Mesa-Debakel“ kulminierte (Interessierte mögen sich zu dieser verwickelten Geschichte bitte anderenorts informieren). Jedenfalls gab es im im Spätherbst des Jahres 1993 überraschend ein neues „Dio“-Album. Mit völlig veränderter Besetzung hatte Ronnie James Dio seine Soloband wieder auferstehen lassen. Bis 1998 folgte die Phase der Bandgeschichte, die aufgrund einer Einzelpersonalie zur wohl umstrittensten Ära des Sängers wurde. Es war die Zeit des „Dio“-Gitarristen Tracy Grijalva, besser bekannt als Tracy G., einem schwergewichtigen Mexikaner mit beeindruckender Tendenz zu rapide zunehmender Körperrundung, der sich durch ein unbequemes Songwriting und eine ziemlich irrwitzige Chromatik beim Solospiel auszeichnete. Sperrige Alben wie „Strange Highways“ und „Angry Machines“ waren als Großangriff auf die Nu-Metal-Bewegung geplant, hinterließen aber bei der in Würde gealterten und somit engstirnig gewordenen Dio-Fangemeinde vor allem Ratlosigkeit.
Als das Livealbum „Inferno: The Last in Live“ allerorten vor allem wegen der darauf vertretenen ollen Kamellen gefeiert wurde, legte der Teamchef den Hebel um, feuerte den Mexikaner und setzte ab sofort auf kompromisslose Traditionspflege.

Mit Craig Goldie (bereits 1987 Dio-Gitarrist) und Jimmy Bain („Rainbow“-Urgestein und „Dio“-Gründungsmitglied) waren auf dem 2000 erschienenen Konzeptalbum „Magica“ zwei Herren mit von der Partie, mit deren Rehabilitierung Dio wohl vor allem eins signalisieren wollte: Back to the Roots! „Magica“ war zwar die allseits erwartete Rückkehr zum alten Sound, doch es war nicht die Rückkehr zu alter Qualität. Eher konnte man das Gefühl nicht loswerden, dass nun das Kreativkonzept „Nummer Sicher“ dem Sänger die vielleicht kurz bevorstehende Rente sicherstellen sollte. Doch der Nachfolger „Killing The Dragon“, bei dem erneut der Gitarrist gewechselt wurde – es war nun der feurige Flitzefinger Doug Aldrich in die Band geholt worden – war eine Überraschung, denn es war tatsächlich das wohl stärkste „Dio“-Album seit Wiederaufleben der Band im Jahr 1993. Doch schon die nächste Veröffentlichung „Master of the Moon“ (wieder mit Craig Goldie) zeigte erneut ein erschreckendes Formtief, und somit war in dieser Zeit völlig unklar, wohin die Reise gehen würde. Die Band rettete sich wieder in ein Liveprojekt: Mit „Holy Diver – Live“ wurde das komplette epochemachende Debütalbum der Band 2006 auf der Bühne zum Leben reanimiert (übrigens nun wieder mit Gitarrist Doug Aldrich…).

Anno 2006 machten erstmals Gerüchte die Runde, Ronnie James Dio, Tony Iommi und Geezer Butler hätten sich in London getroffen, um neue Songs für ein Wiederauferstehen der 1982er „Black Sabbath“-Besatzung zu schreiben. Jeder Fan, der das Jahr 1992 miterlebt hatte, konnte sich angesichts dieser Neuigkeiten nur verwundert die Augen reiben. Endete nicht der letzte Versuch dieser Art mit ernsthaften Auseinandersetzungen und sogar der Inhaftierung eines wichtigen Bandmitglieds? Doch die Gerüchte sollten sich als wahr erweisen: Ronnie James Dio, Vinny Appice, Tony Iommi und Geezer Butler – kurz: Black Sabbath in der „Mob Rules“-Inkarnation – veröffentlichten im Jahr 2007 drei neue Songs auf dem „Black Sabbath“-Best Of-Sampler „The Dio Years“. Alle drei Songs waren beeindruckend stark ausgefallen. Es folgte eine gigantische Welttournee, bei der das Quartett jedoch aus rechtlichen Gründen nicht als „Black Sabbath“ auftreten durfte. Man nannte sich stattdessen „Heaven and Hell“, also nach dem ersten Sabbath-Album mit Dios Beteiligung. Es folgte eine weitere Livescheibe, „Live From Radio City Music Hall“, sowie im vergangenen Jahr auch ein komplett neues Studioalbum, welches allgemein gefeiert wurde, den Schreiber dieser Zeilen jedoch nicht sonderlich überzeugen konnte.

Der Rest der Geschichte ist hinlänglich bekannt. Ronnie James Dio ist nicht mehr…

Bleibt aber die in solchen Fällen stets bohrende Frage, „was wäre gewesen, wenn…“. Eingefleischte Fans wissen, dass Ronnie James Dio an einer Autobiographie arbeitete, die angeblich kurz vor der Fertigstellung stand. Möglicherweise wird dieses Buch nun tatsächlich erscheinen. Wahrscheinlich ist das aber nicht. Der Sänger plante für die Zeit nach der (nun ausfallenden) zweiten „Heaven and Hell“-Welttournee einen zweiten Teil seiner Konzeptsaga „Magica“. Doch hierzu war weder etwas konzipiert, geschweige denn schon Material aufgenommen worden. Auch in dieser Hinsicht ist also keine „Nachlese“ zu erwarten. Überraschend wurde im März dieses Jahres jedoch bekannt, dass im Sommer 2010 das sehr rare und unter Fans heiß begehrte Japan Only-Live-Video „Super Rock – Live in Tokyo 1985“ erstmals weltweit auf DVD veröffentlicht werden wird. Es ist gut möglich, dass findige Geschäftemacher nun auch das 1982er „Black Sabbath“-Livedokument „Black and Blue“ ausgraben werden, das bis heute eines der gesuchtesten Live-Videos der 1980er Jahre ist. Ansonsten ist zu erwarten, dass es noch weiteres verwertbare Live-Material gibt, dass nun sukzessive seinen Weg ans Tageslicht finden könnte.

Ich gestehe: Mir graut es vor der Zeit nach Dios Tod. Es graut mir nicht nur vor der nun zu erwartenden kommerziellen „Leichenfledderei“, dem Veröffentlichen jedes kleinen, irgendwo noch auffindbaren Dio-Schnipsels, sondern es graut mir auch vor einer Rockszene, die mit Dio einen ihrer festen Anker verloren hat. Ich bilde mir nicht ein, Ronnie James Dio gekannt zu haben. Doch ich habe ihn immerhin vier Mal persönlich getroffen und interviewt, und zudem hatte ich ihn noch vier Mal am Telefon. Ich hatte das große Glück, meinem musikalischen Jugendhelden persönlich die Fragen zu stellen, die mich interessierten. Und ich habe niemals vorher und nachher einen höflicheren und zuvorkommenderen Interviewpartner erlebt als Ronnie James Dio. Er ließ einen das Gefühl haben, in seiner Welt akzeptiert zu sein. Fans, die für Autogramme anstanden, bekamen ein Dosenbier aus der bandeigenen Kühlbox, wurden bei schlechtem Wetter auch schon mal ins Catering-Zelt geholt. Meister Dio war sich für ein Schwätzchen mit Hinz und Kunz nie zu schade. Ich erlebte es 1998 in Hannover, dass sich Ronnie James Dio um 17:00 Uhr nachmittags, zwei Stunden vor Showbeginn, ganz bewusst nicht durch den Bandeingang der Konzertstätte geleiten ließ, sondern wie die normalen Besucher durch den Haupteingang der Halle kam, fröhlich scherzend, auf Fan-Schultern klopfend, immer ein nettes Wort auf den Lippen und ein Lächeln für die Fotokameras der Fans auf dem Gesicht. Er bat mich zwei Mal zum Gespräch in den Dio-Tourbus, zeigte mir und meinen Pressekollegen alles, was uns interessierte. Ich habe noch viele Interviews geführt, auch mit großen Namen wie „Judas Priest“ oder „Iron Maiden“. Doch ich habe nie wieder einen Menschen, wie Ronnie James Dio getroffen, bei dem man das Gefühl hatte, dass er seine Fans wirklich wertschätzt.

Es wird diese Wertschätzung sein, diese Höflichkeit, Gelassenheit und philantropische Weltsicht – vor allem aber das hohe, weltmännische Niveau – die der Metalszene von nun an fehlen werden. In einem Interview mit der Szene-Zeitschrift „Break Out“ antwortete Ronnie James Dio dem Interviewer Chris Glaub auf die Frage, ob er an so etwas wie Religion glaube: „Meine Religion heißt Menschlichkeit“. Ich habe selten eine vernünftigere Antwort auf die Gretchen-Frage gehört. Und dass Dio dieses Bekenntnis ernst meinte, habe ich selbst erfahren. Ich war als Jugendlicher echt verdammt stolz darauf, dass mein Hero kein besoffener, rumpöbelnder Unhold war, wie – seien wir ehrlich – verdammt viele „Metaller“ in den Achtzigern und Neunzigern. Ich war dankbar, dass es da jemanden gab, der gezeigt hat, dass es auch anders geht – und uns natürlich auch einfach hervorragende Musik hinterlassen hat. Ich bin noch immer dankbar. Mit Ronnie James Dio starb nicht nur ein großartiger Musiker, sondern auch ein Lebensgefühl, eine Wertekonvention, es starb der Mann, der dem harten Rock Niveau gab.

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