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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

LUX 40

Konzert am 5. und 6. April im Münchner Postpalast

von Ulrich Hermann  •  14. April 2014

Bei LUX 40 am 5. April 2014 in München im Postpalast zum ersten musikalischen Groß-Ereignis. Im Zentrum des Programms standen drei 40-stimmige Motetten bzw. Messen von Alessandro Striggio (1536-1592) und Thomas Tallis (1505-1585), aufgeführt vom Chor Vox Nova, den Andreas Stadler von der Mitte des kreisrunden Raumes aus leitete. Die Sängerinnen und Sänger waren teils in fünf, teils in acht Gruppen aufgeteilt, jeweils vor den 8 Säulen, die diesen Raum – einen Rundbau, der 1924-27 als Paketzustellamt erbaut wurde und sich im Durchmesser auf 52 Meter erstreckt – gestalten und die kühne Dachkonstruktion mit über 20 Metern Höhe tragen.

Dieser Saal müsste sich eigentlich wunderbar eignen für Konzerte, für die sich außer einer adäquaten – nach heutigen Maßstäben nachhaltigen – Beleuchtungsidee und –Ausführung auch die entsprechenden Kompositionen und MusikerInnen finden lassen.
So die Idee der Konzeption, deren Urheberin Michaela Pods-Aue auch die Gesamtleitung hatte. Es sollte das erste Konzert in diesen Räumlichkeiten werden. Und das wurde es auch. Zusammen mit dem Bariton-Saxophonisten Michael Lutzmeier und den vier Herren vom bestens bekannten Modern String Quartet erlebten die Zuhörer und Zuschauer einen spannenden Abend mit einem Cross-Over aus Chorklängen der Renaissance und einleitenden Improvisationen auf dem Saxophon.

Nach den Gesangsstücken – die Messe von Alessandro Striggio wurde in drei Teile geteilt, was nicht besonders glücklich war – fühlte sich das Modern String Quartet in die soeben erklungene Musik ein und führte sie auf kühne, ungeheuer intensive improvisatorische Weise weiter und fort. Dass die vier Herren mit allen musikalischen Wassern gewaschen sind, hörte man, und die unglaubliche rhythmische, klangliche und harmonische Vielfalt ihrer Musik war atemberaubend.

Natürlich ist der Postpalast (noch) keine Kirche, obwohl die Akustik durchaus bemerkenswert ist, allerdings hatte ich sie mir noch tragenden vorgestellt, aber aus einem sehr intensiv „amusisch“ genutzten Raum ist wohl durch e i n klassisches Konzert noch nicht ein atmosphärisch stimmiger Konzertsaal zu machen. Wie dieser Raum klingen könnte, zeigte sich am eindringlichsten bei der Zugabe, als bei einem Kanon die Sängerinnen und Sänger sich beim Hinausgehen im ganzen Raum verteilten, was sofort eine andere Stimmung hervorrief.
Der musikalische Höhepunkt des Abends war – für mich – die 40-stimmige Motette „Spem in alium“ von Thomas Tallis, die er 1573 zu Elisabeth I. vierzigstem Geburtstag komponierte.
8 Gruppen zu je 5 Sängern waren vor jeder Säule verteilt und folgten intensiv und aufmerksamst dem Dirigat von Andreas Stadler, der mit Vox Nova in den Proben in verschiedenen Kirchen Münchens dieses Riesenwerk erarbeitete.

Natürlich spielte an diesem Abend auch das Licht eine entscheidende Rolle, denn so schön ausge- und beleuchtet worden ist diese Architektur wohl bisher nicht. Zum Abschluss Gratulation an alle Beteiligten für den Mut und das Durchhaltevermögen, was notwendig war und ist, solch ein großes Projekt zum Leben zu erwecken.

Für die Zukunft eine utopische Idee: Mögen in diesem sehr eindrucksvollen Raum des Öfteren solche bereichs-übergreifenden Veranstaltungen stattfinden, dieser Saal benötigt dringend noch eine ganze Anzahl von idealistischen m u s i s c h e n Veranstaltungen, dann ist er in einiger Zeit akustisch noch ganz anders zu erleben. Diesen Saal als Konzertsaal dauerhaft Verwendung finden zu lassen, wäre der Stadt München aufs Innigste zu wünschen, neben all den schönen Sälen, die es ja schon gibt.

Vox Nova Chor, Leitung Andreas Stadler
Modern String Quartett Joerg Widmoser / Winfried Zrenner Violine
Andreas Höricht Viola / Jost-H. Hecker Violoncello
Michael Lutzmeier Bariton-Saxophon
Michaela Pods-Aue Konzeption / Künstlerische Gesamtleitung
Lichtkonzept: Bartenbach Umsetzung: NEO GmbH

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