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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

The Day The Earth Met The...
Rocket From The Tombs

(2002)
Glitterhouse

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The Day The Earth Met The... Rocket From The Tombs

Besser spät als nie

von Frank Castenholz  •  1. September 2006

Die Suche nach „missing links“ zwischen Hard/Glam/Garage/...-Rock der frühen 70er und klassischem 76/77er-Punk einerseits sowie zwischen künstlerischer Avantgarde und pöbelndem Rüpelrock andererseits dürfte letztlich genauso unergiebig sein wie die Frage, wer wohl der erste wahre Punk (Rocker) war – macht aber gleichwohl einen Heidenspaß. Die kaum bekannte Band Rocket From The Tombs aus Cleveland kann man tatsächlich als eine Art „missing link“ begreifen. Um dessen Bergung hat sich erfreulicherweise das deutsche Glitterhouse Label mit der Veröffentlichung von „The Day The Earth Met The Rocket From The Tomb“ im Jahr 2002 verdient gemacht. Bei den Aufnahmen handelt es sich zwar lediglich um Demos und Liveaufnahmen (in sehr gut hörbarer, aber keineswegs professioneller Qualität), gleichwohl nimmt das Label den Mund wahrscheinlich gar nicht zu voll, wenn es darauf hinweist, dass ein Studioalbum dieses kurzlebigen Projekts, wäre es denn nur zustande gekommen, heute wohl auf einer Stufe mit „Kick Out The Jams“ von MC5, „Raw Power“ der Stooges oder „Horses“ von Patti Smith stehen würde.

Ein Blick auf die hochkarätige Besetzung der Band – David Thomas (hier noch als Crocus Behemot), Peter Laughner, Gene O´Connor (a.k.a. Cheetah Chrome) und Johnny Madansky (a.k.a. Johnny Blitz) – lässt bereits den Spagat zwischen musikalischer Avantgarde und „young, loud and snotty-“-Attitude erahnen, der tatsächlich noch 1975 zur Trennung führte: Thomas und Laughner gründeten anschließend Pere Ubu, während sich Chrome und Blitz fortan zusammen mit Stiv Bators bei den Dead Boys austobten.

Das Songmaterial hält indessen problemlos, was die Besetzung verspricht: Die Rohversionen von „Ain´t It Fun“, „Sonic Reducer“ und „Down In Flames“ stellen die späteren, vergleichsweise braven Aufnahmen der Dead Boys an Intensität deutlich in den Schatten, und bei Krachern wie „30 Seconds over Tokyo“ oder „Final Solution“ hat der Tritt in den Allerwertesten auch 30 Jahre später nicht an Schwungkraft verloren. Zwar ist nicht alles gleich Gold und Klassiker-Blaupause auf dieser Sammlung, aber selbst den weniger zwingenden Nummern wie den kaputten Punk-Blues-Bastarden „Transfusion“ und „Muckracker“, dem an den frühen Alice Cooper erinnernden „So Cold“ oder dem georgelten Krach von „Life Stinks“ (Doors auf Speed) wohnt der hysterische Zauber allen Anfangs inne, der die junge US-Punkszene Mitte der 70er so attraktiv machte. Anhand der brachialen Coverversionen von „Raw Power“ und „Search & Destroy“ (Iggy Pop), „Satisfaction“ (Rolling Stones) und „Foggy Notion“ (einem mir nur als Demo oder in der Version der Modern Lovers bekannten Velvet Underground-Song) lassen sich zugleich einige wesentliche Ideengeber des US-Punks dingfest machen.

Im Jahr 2003 rauften sich die Überlebenden übrigens, unterstützt von Richard Lloyd (Television) als Ersatz für den schon 1977 verstorbenen Laughner, noch mal kurzfristig live und im Studio zusammen und nahmen die alten Klassiker mit besserem Sound erneut auf („Rocket Redux“, ebenfalls auf Glitterhouse). Diese Versionen, durchaus frisch und unpoliert geraten, sind m.E. aber schon wegen der stimmlichen Dominanz von Thomas nur eine nette Ergänzung, aber keineswegs ein vollwertiger Ersatz für die Originale.

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